Rund 40 Gäste begrüßte Agnes Ratering, Vorsitzende der NABU-Gruppe Rheiderland im Rahmen der Zugvogeltage im Familienzentrum in Bunde. Sie waren zu einem Vortrag von Dr. Helmut Kruckenberg über
die Bedeutung der Ems-Dollart-Region als Vogelrastgebiet gekommen und wurden mit vielen interessanten Details über die verschiedenen Vogelarten aufgeklärt.
Seit
fast zweieinhalb Jahrzehnten ist Kruckenberg in diesem Gebiet unterwegs und erfasst die rastenden Zugvögel. Die ersten Vogelzählungen führte allerdings der NABU Leer unter Leitung von Dr. Klaus
Gerdes ab Anfang der 1970er Jahre im Rheiderland durch. Damals wurden deutlich weniger Bläss- oder Nonnengänse gezählt, denn die Arten waren durch den Krieg stark zurückgegangen. Nach ihrer
Unterschutzstellung ging ihre Anzahl schnell in die Höhe. Die Gänse profitierten von außerdem von der Intensivierung der Landwirtschaft, das Grünland verwandelte sich durch Entwässerung und
Düngung vielfach in intensives Grünland. Schnell wurde zudem deutlich, dass diese Veränderung nicht ohne Folgen für viele Vogelarten blieben. In den 1980er Jahren war der Ruf des Brachvogels, der
Uferschnepfe und der Kiebitze in den feuchten und mit Blänken überzogenen Wiesen des Rheiderlandes allgegenwärtig. In den Vordeichwiesen der Ems führten zahlreiche Kampfläufer in der
Balzzeit ihre Scheinkämpfe durch. Wer heute aufmerksam durch das Gebiet fährt, kann zu bestimmten Zeiten zwar immer noch Kiebitz, Brachvögel und Schwärme von Goldregenpfeifern entdecken, doch
stammen die allermeisten heute aus den nordischen und arktischen Brutgebieten. Durch intensive Schutzmaßnahmen hofft man z.B.den Brachvogel vom dem Aussterben bewahren zu können.
Interessante Ergebnisse, so verdeutlichte Kruckenberg, erbrachte die Besenderung von zahlreichen Bless- Nonnen- und Graugänsen. Man gewann neue Erkenntnisse über Zugrouten oder welche Schlafplätze Bläss- oder die Nonnengänse bevorzugen. Während die Nonnengänse überwiegend auf dem Dollart
schlafen, konnten die Forscher für die Blässgänse eine Vielzahl genutzter Gewässer nachweisen. Auch das Zugverhalten der Graugans, die in ganz Deutschland zu Hause ist, wurde von den
Vogelforschern unter die Lupe genommen. Sie macht sich ebenfalls auf den Weg, aber nicht um bessere Nahrungsflächen zu finden, sondern um einen sicheren Ort für die Mauser zu finden, z. B. den
Beltringharder Koog in Schleswig-Holstein. Während der Mauser verliert sie alle ihre Flugfedern, sie ist somit nicht mehr in Lage vor ihrem Feind zu fliehen. Zudem braucht sie in dieser Zeit
energiereiches Futter, um das sehr schnelle Wachstum ihrer Federn zu ermöglichen.
Die
Ems-Dollart-Region bietet einer großen Vielzahl von Zugvögeln einen Zwischenrastplatz. Das Spektrum reicht von weit ziehenden Watvögeln wie dem Regenbrachvogel oder dem Kiebitzregenpfeifer, die
aus den arktischen Brutgebieten bis nach Westafrika ziehen bis zu Greifvögeln und Reihern aus Polen, dem Baltikum oder Skandinavien. Diese scheinen derzeit die Gewinner der
Entwässerungsmaßnahmen zu sein, so Kruckenberg. Denn vor allem deshalb finden diese gefiederten Gäste Mäuse in großem Umfang.